Vorträge 2009
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Albrecht Gühring:
Beschienen oder geblendet?
Pflugfelden und Poppenweiler im Spiegel der ersten Ludwigsburger Jahre.
Vortrag vor dem Historischen Verein für Stadt und Kreis Ludwigsburg am 10.12.2009.
Zusammenfassung von Dr. Erich Viehöfer
Albrecht Gühring, Stadtarchivar von Marbach, untersuchte in seinem Vortrag beim Historischen Verein
die unterschiedlichen Auswirkungen der Gründung Ludwigsburgs anhand der Dörfer Pflugfelden und Poppenweiler. Die beiden heutigen Stadtteile von Ludwigsburg waren grundverschieden:
Pflugfelden, ursprünglich zum Amt Markgröningen gehörig, war am Ende des Dreißigjährigen Krieges menschenleer und musste mühsam wieder aufgebaut und besiedelt werden. Nur wenige Neubürger siedelten
sich an. Trotzdem mussten die Pflugfelder bereits 1708 und 1709 rund 35 Gulden als sog. Ludwigsburger „Schantzgelder“, eigentlich Steuern zum Erhalt und zur Ausbesserung von Festungen, mehrmals
aufbringen. In der Bürgermeisterrechnung werden unter den Pflugfelder Ausgaben Ludwigsburger Gartenbaukosten, darunter auch die Stellung von Wagen und Pferden, für insgesamt acht Gulden abgerechnet.
Sogar eine eigene Rechnungsrubrik wurde in der Bürgermeisterrechnung Pflugfelden 1719/20 aufgeführt für die herrschaftlichen Posten, also Postdienste, die man für Ludwigsburg leisten musste.
Wirtschaftliche Vorteile konnte Pflugfelden durch die Nähe zu Ludwigsburg nicht erlangen, denn die Steuerschätzung fand vor Ort keinerlei Wein- oder Viehhandel. Auch Gastwirtschaften gab es keine in
Pflugfelden. Unter den damals 22 Bürgern und sechs Witwen fanden sich an Handwerkern nur ein Schmied und ein Leineweber. Das Gemeindeleben scheint von der neuen Residenz nicht sehr beeinflusst worden
zu sein. Lediglich das vermehrte Auftreten von Soldaten, die hin und wieder Unfug trieben, war bemerkbar. Anders war die Situation bei dem Dorf Poppenweiler, ursprünglich zum Amt Marbach gehörig, das
an Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft das kleine Pflugfelden um ein Vielfaches übertraf. Poppenweiler besaß 178 Morgen an Weinbergen, florierende Gastwirtschaften und zahlreiche Handwerker. Erbittert
kämpften Marbach und Ludwigsburg mit Eingaben und Geldzahlungen um das relativ wohlhabende Poppenweiler. Erst Herzog Carl Eugen entschied 1762 endgültig zugunsten des Amtes Ludwigsburg. Es dauerte
aber dann noch mehr als 200 Jahre bis Poppenweiler von der Stadt Ludwigsburg eingemeindet wurde.
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Dr. Wolfgang Schöllkopf:
„Von der Pomeranzenkirche zur Professorenkanzel.
Aus den ersten 100 Jahren Kirchengeschichte(n), von den spannenden Anfängen bis zu Pfarrer Jonathan Friedrich Bahnmaier, dem Professor
und Pietist, Patriot und Poet.“
Vortrag vor dem Historischen Verein für Stadt und Kreis Ludwigsburg am 12.11.2009
Zusammenfassung von Dr. Erich Viehöfer
Der Theologe und Kirchenhistoriker Dr. Wolfgang Schöllkopf stellte in seinem Vortrag vor dem Historischen Verein, Ludwigsburg als einen Modellfall für Mehrkonfessionalität im 18. Jahrhundert vor, der
große Möglichkeiten eröffnete, aber letztlich auf ein „schwaches Geschlecht“ (Schiller) stieß. Am Anfang der Kirchengeschichte von Ludwigsburg stand die „Pomeranzenkirche“. Die Neugründung war in den
ersten Jahren nach Oßweil eingepfarrt; dort fanden die Gottesdienste und die Begräbnisse statt. In der Stadt selbst wurden die ersten Gottesdienste im Schloss gefeiert, zum Beispiel im Riesenbau, bis
Herzog Eberhard Ludwig 1716 eines der beiden Orangeriegebäude für Gottesdienste zur Verfügung stellte; daher stammt der Name „Pomeranzenkirche“. Nach Fertigstellung der Stadtkirche, zehn Jahre
später, wanderte die Kirche vom Schloss auf den Markt. Der Bau der Stadtkirche, nach Plänen des Schlossbaumeisters Frisoni, hatte sich wegen finanzieller Schwierigkeiten lange hingezogen. Sie wurde
von der Zivilgemeinde und von der Garnison gemeinsam genutzt. Immer wieder kam es Reibereien zwischen den beiden Gruppen, bis eine eigene Garnisonskirche eingerichtet wurde. Diese zweite Kirche am
Marktplatz war ursprünglich für die reformierte Gemeinde gedacht gewesen. Der Rangunterschied zur herrschenden evangelischen Landeskirche manifestierte sich auch in der unterschiedlichen Größe der
beiden Kirchenbauten. Als sie nach 18 jähriger Bauzeit fertig gestellt war, wurde sie von den Reformierten nie bezogen, sondern zur Garnisonskirche umgewandelt. Eine zweite Gruppe der mehr oder
weniger geduldeten anderen Konfessionen waren die Katholiken. Ihre ersten Gottesdienste fanden im Gartenhaus von Frisoni statt, südlich der Schorndorfer Straße, und ihr Begräbnisplatz war in
Öffingen. Verbesserungen gab es unter den katholischen Herzögen von Württemberg. Im 19. Jahrhundert zog dann auch die katholische Gemeinde vom Schloss an den Marktplatz, wo sie die Garnisonskirche
zunächst mit benutzte und schließlich ganz übernahm. Die absolute Dominanz der evangelisch-lutherischen Landeskirche endete im neuen Königreich Württemberg. Protestanten und Katholiken waren von nun
an gleichgestellt. Nicht nur Ludwigsburg war nun der Schauplatz ganz unterschiedlicher Konfessionen, sondern ganz Württemberg. Zum Sprungbrett auf die „Professorenkanzel“ wurde Ludwigsburg für
Jonathan Friedrich Bahnmaier, der 1815 als Professor für praktische Theologie an die Universität Tübingen berufen wurde.
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Unser Vereinsmitglied Wolfgang Läpple hat ein weiteres Buch geschrieben:
"Schwäbisches Potsdam"
Die Garnison Ludwigsburg von den Anfängen bis zur Auflösung Stadt Ludwigsburg
NEUERSCHEINUNG 2009 zum Jubiläum der Stadt Ludwigsburg.
Mit über 1400 bislang teilweise unbekannten Fotografien und sonstigen Abbildungen sowie
umfangreichem Kartenmaterial.
2 Bände im Schuber · gesamt 1236 Seiten, Fadenheftung.
Stadt Ludwigsburg – Stadtarchiv.
ISBN 3-00-014212-6.
Einführungspreis bis 31.12.2009: € 79,90 danach € 89,90.
Zu beziehen über das Stadtarchiv Ludwigsburg. Kaiserstr. 14 · 71636 Ludwigsburg · Tel. 07141/910-2412 · stadtarchiv@ludwigsburg.de oder den Buchhandel
Aus dem Inhalt
Band 1:
Zur Geschichte der Garnison
• Stäbe, Truppenteile und militärische Dienststellen
• Kurzbiografien
• Stadtkommandanten, Gouverneure, Garnison- und Standortälteste
• Stellenbesetzungen Ludwigsburger Truppenteile
• Militärgeistliche
• Pour le Mérite- und Ritterkreuzträger
• Militärmusik
• Militärische Traditionspflege
• Von Ross und Reitern • Zeittafel.
Band 2:
Militärisch genutzte Objekte und Flächen • Verteidigungseinrichtungen
und -maßnahmen bis 1945
• Militärische Erinnerungsstätten
• Straßen- und Flurnamen mit militärischem Bezug
• Militärische Miszellen
• Listen, Tabellen und Diagramme
• Militärische Begriffe.
Mit Orts- und Personenregister, Register der militärischen bzw. militärisch genutzten Objekte, Flächen u. ä. sowie Quellen und Literaturverzeichnis.
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Dieter Hornig:
Rund um das Ludwigsburger Schillerdenkmal – stadtbauliche Betrachtungen.
Vortrag vor dem Historischen Verein für Stadt und Kreis Ludwigsburg am 08.10.2009
Zusammenfassung von Dr. Erich Viehöfer
Zu einer reich bebilderten Zeitreise in einem zentralen Bereich der Stadt lud Dieter Hornig, der ehemalige Stadtplaner von Ludwigsburg, in seinem Vortrag beim Historischen Verein für Stadt und Kreis
Ludwigsburg ein.
Der Schillerplatz ist heute keine geschlossene Anlage mehr. Es existieren nur noch wenige grüne Restbestände der Anlage aus dem 19. Jahrhundert. Sein heutiger Zustand ist damit untypisch für
Ludwigsburg, wo sich ansonsten die großzügig angelegten Plätze wie an einer Perlenkette aneinander reihen. Im 18. Jahrhundert tummelten sich an der Stelle des heutigen Schillerplatzes Forellen in
ausgedehnten Fischteichen. Auf dem Stadtplan von 1839 erscheint erstmals der künftige Platz eingezeichnet. Er stand schon damals etwas im Schatten des viel größeren Arsenalplatzes. Entscheidende
Impulse gaben der Bau des Bahnhofs und seine heiß umstrittene Anbindung an die Stadt.
Durch den Bau der Myliustraße entstand eine Sichtachse vom Bahnhof über den Schiller- und Arsenalplatz bis hin zur Stadtkirche. Der Stadtplan von 1873 stellte den Schillerplatz als begrünten Platz
dar, auf dem 1881 das Schillerdenkmal errichtet wurde. Danach blieb er ein dreiviertel Jahrhundert nahezu unverändert.
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg war ein Neubau der Kreisparkasse Ludwigsburg am Schillerplatz geplant, der erst 1952 nach einem Architektenwettbewerb verwirklicht werden konnte. Damals erst wurde der
Platz von „Wilhelmsplatz“ in „Schillerplatz“ umbenannt.
Die Planungen in den folgenden Jahrzehnten pendelten zwischen seinem Verschwinden in einer Stadtautobahn und seiner Nutzung als verkehrsberuhigte Zone. Ende der neunziger Jahre tauchten neue Pläne
auf zur Umgestaltung des Schillerplatzes. Diese sollte zunächst gleichzeitig, später erst im Anschluss an die Umgestaltung der Wilhelmstraße geschehen. Einzelne Pläne sehen sogar die Überbauung des
gesamten westlichen Teils des Platzes vor. Die Geschichte des Schillerplatzes ist also noch lange nicht abgeschlossen, sondern er bietet viel Diskussionsstoff für die Zukunft (e.v.).
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Der Historische Verein gedenkt dem 120sten Geburtstag seines ehemaligen Vorsitzenden Oscar Paret.
OSCAR PARET – ein unvergessener Bürger der Stadt
Er wurde vor 120 Jahren am 14. Juni 1889 in Dachtel im ehemaligen Oberamt Calw als zweites Kind des Pfarrers Otto Paret und seiner Ehefrau Edine geb. Wolff geboren. 1892 wurde Otto Paret auf die
Pfarrstelle Heutingsheim berufen. So wuchs Oscar Paret im dortigen Pfarrhaus mit mehreren Geschwistern auf. Von 1898 an besuchte er das Gymnasium in Ludwigsburg, wo Oberpräzeptor Belschner sein
Interesse für Ausgrabungen und Vorgeschichte weckte. Mit 14 Jahren gründete er einen Altertumsverein. Bis zur Reifeprüfung verbrachte der Gymnasiast einen großen Teil seiner Freizeit in den
Sammlungen des Königlichen Naturalienkabinetts im Stuttgart und führte im Auftrag des Konservators Dr. Peter Goessler kleinere Ausgrabungen im Ludwigsburger Raum durch. 1908 begann Oscar Paret ein
Architekturstudium an der Technischen Hochschule Stuttgart, blieb aber seinen archäologischen Neigungen treu. Er wurde für eine kurze Zeit ehrenamtlicher Vertreter Peter Goesslers. Auch legte er im
Auftrag des in Hoheneck lebenden Fabrikanten Carl von Ostertag-Siegle den dortigen römischen Gutshof „Eglosheimer Burg“ frei.
Dem Architekturstudium schloss Oscar Paret ein Archäologiestudium in Tübingen und Berlin an, das er wegen des Ersten Weltkriegs unterbrechen musste. Nach Rückkehr aus
den Schützengräben promovierte er 1919 in Tübingen mit einer Arbeit über pompeijanische Wandmalereien zum Dr. phil. und wurde hierauf Konservator am Landesmuseum Stuttgart. Im gleichen Jahr heiratete
er Ida Feldweg und wohnte mit ihr in Stuttgart. Aus der Ehe gingen zwei Söhne und zwei Töchter hervor.
Ende 1930 zog die Familie nach Ludwigsburg. Nach 1933 war der liberale Oscar Paret Pressionen durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. 1939 wurde er eingezogen, dann aber – fünfzigjährig –
freigestellt und mit denkmalpflegerischen Aufgaben betraut. Er betrieb u.a. die Verlagerung der reichen Bestände der Württembergischen Altertümersammlung und des Heimatmuseums Ludwigsburg an sichere
Orte. Nach dem Zweiten Weltkrieg leitete Oscar Paret die vor- und frühgeschichtlichen Sammlungen am Landesmuseum. Die Technische Hochschule Stuttgart ernannte ihn zum Honorarprofessor. Er war in
vielen Vereinen und Gesellschaften tätig und leitete zwanzig Jahre, nämlich von 1941 bis 1961 den Historischen Verein für Stadt und Kreis Ludwigsburg. Oscar Paret entfaltete eine reiche
schriftstellerische Tätigkeit. Er gab viele Jahre die „Fundberichte aus Schwaben“ heraus, auch das noch heute lesenswerte Werk „Ludwigsburg und das Land um den Asperg“. Er schrieb die Bücher „Das
neue Bild der Vorgeschichte“ und „Württemberg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit“, aber auch populärwissenschaftliche Darstellungen wie „Golder der Meisterschmied“ oder „Der Klassenausflug in die
Steinzeit“. Ferner verfasste er das Buch „Die Überlieferung der Bibel in Wort und Bild“ und köstliche Jugenderinnerungen.
Oscar Paret war Träger der Bundesverdienstkreuzes und der Bürgermedaille der Stadt Ludwigsburg. Am 27. Juni 1972 ist er – verwitwet – gestorben. Seinen Namen trägt eine Straße in Ludwigsburg -
Hoheneck und die Gesamtschule in Freiberg/Neckar.
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